Verantwortung tragen

Im Zusammenhang mit der Delegation von Aufgaben diskutiere ich in meinen Führungskräftetrainings immer wieder auch die Frage nach der Verantwortung. In der Realität erscheint die Beantwortung der plausiblen Fragen in diesem Kontext, wer wofür vor wem die Verantwortung trägt, komplex zu sein. Meine Gedanken hierzu möchte ich an zwei aktuellen prominenten Beispielen – Peter Löscher und Thomas de Maizière darlegen.  

Eines vorweg: Es geht mir hier nicht um eine Verurteilung von bestimmten Verhaltensweisen und auch nicht darum, die Ablösung bzw. den Rücktritt verantwortlicher Personen als allein seeligmachende Konsequenz bei Fehlern und Fehlverhalten darzustellen. Vielmehr plädiere ich für eine offene Wahrnehmung von Verantwortung. Gerade Führungskräfte müssen zu ihrer Verantwortung für ihren Aufgabenbereich stehen – auch bei Pleiten, Pech und Pannen. Ein Abschieben von Verantwortung – womöglich auf die eigenen Mitarbeiter – hingegen untergräbt das Vertrauen in die Führungskraft.

Verantwortung bedeutet immer

  • Verantwortung WOFÜR?
  • Verantwortung VOR WEM?
  • Und WER trägt die Verantwortung?

Bekommt ein Mensch eine Aufgabe anvertraut, so kann die Delegation dieser Aufgabe nicht ohne Kompetenzen und nicht ohne Verantwortung einhergehen. Die Verantwortung für die Aufgabe der Delegation trägt der Delegierende und damit trägt der Delegierende auch die Verantwortung für die Auswahl der Person, die die zu delegierende Aufgabe übernimmt. Im Fall von Herrn de Maizière wäre dies demnach die Kanzlerin. So überrascht es auch nicht, dass kurz vor einer Bundestagswahl die Opposition vehemment die Ablösung des Verteidigungsministers fordert, um wohl in erster Linie einer heute, laut Umfragewerten, sehr populären Kanzlerin zu schaden. Entsprechend hält Frau Dr. Merkel an ihrem Verteidigungsminister fest. Daran wird bereits deutlich, dass die Art der Konsequenz häufig mit politisch-taktischen Überlegungen verknüpft ist. Auch im Fall von Peter Löscher, dem ehemaligen Vorstandsvorsitzenden von Siemens, wurde hinter den Kulissen im Aufsichtsrat heftig gerungen.

Übertragen Sie nun als Führungskraft eine Aufgabe an Ihren Mitarbeiter, wer trägt wofür die Verantwortung? Aus meiner Sicht trägt der Mitarbeiter die Verantwortung dafür, dass er seine Kompetenzen, die ja die Grundlage dafür waren, dass er für diese Aufgabe ausgewählt wurde, voll und ganz in diese Aufgabe einbringt. Ferner trägt er auch die Verantwortung dafür, dass er seine Arbeitsleistung überhaupt erbringt. Kann er dies nicht, so ist es nur konsequent, auch als Mitarbeiter eine Aufgabe abzulehnen. Keine Aufgabe ohne Ergebnis. Doch wer ist hier der Verantwortliche? Dies kann nur die Führungskraft sein. Diese wählt den Mitarbeiter für die Aufgabe aus und stattet den Mitarbeiter mit Kompetenzen aus. Damit setzt die Führungskraft den Rahmen, in der Mitarbeiter ihre Aufgaben wahrnehmen können.

Grundvoraussetzung wiederum dafür, Menschen eine Aufgabe anzuvertrauen, ist, den Menschen auch zu kennen. Welche Fähigkeiten und Kompetenzen zeichnen meinen Mitarbeiter aus? Welche fachlichen, methodischen, sozialen und ethischen Kompetenzen bringt er mit? Dies setzt eine intensive Beschäftigung mit den eigenen Mitarbeitern voraus. Nur dann kann das Übertragen von Aufgaben gelingen. Top-Manager, wie Peter Löscher, oder auch Minister tragen damit immer die Verantwortung für den ihnen anvertrauten Bereich und den dort erzielten Ergebnissen. Sicher oft keine leichte Aufgabe. Jedoch werden zumindest Top-Manager dafür auch sehr ordentlich entlohnt.

Neben der Beschäftigung mit den eigenen Mitarbeitern kommt für Führungskräfte noch ein weiterer Aspekt hinzu: die Kontrolle. Wenn ich Aufgaben delegiere und mir bewusst ist, dass ich an den erzielten Ergebnissen gemessen werde, dann ist es fahrlässig auf die notwendige Kontrolle zu verzichten. Als Bundesminister der Verteidigung muss ich sicher nicht den Einkauf der Bratwürste für die Ministeriumskantine kontrollieren, doch die Kontrolle strategischer Leuchtturmprojekte sollte unbedingt die Aufgabe der Führungsspitze bleiben. Zahlen, Daten und Fakten prüfen, Fragen stellen und Nachhaken, wie der Stand der Dinge bei entsprechenden Projekten ist, um bei Bedarf korrigierend eingreifen zu können, ist eine Kernaufgabe von Führung. Wer dies vernachlässigt, vernachlässigt seine Führungsaufgabe.

Bleibt die Frage zu erörtern, vor wem Führungskräfte sich zu verantworten haben. Mitarbeiter werden in der Regel von ihrem Chef bewertet und erhalten ein Feedback. Leider gibt es auch hier immer noch Unternehmen, wo dies unzureichend geschieht und weder die Arbeitsleistung von Menschen wahrgenommen noch gewürdigt wird. In solchen Situationen ist es auch nicht überraschend, dass Mitarbeitern ihre Arbeitsergebnisse irgendwann unbedeutend und sinnlos erscheinen. Innere Kündigung ist das Ergebnis. Erlauben Sie mir dabei die Bemerkung: Auch Führungskräfte sind Mitarbeiter ihrer Chefs. Entsprechend wurde auch Peter Löscher als Vorstandsvorsitzender von Siemens vom Aufsichtsrat seines Amtes enthoben. Eine harte Konsequenz aus der Feststellung, dass die Ergebnisse des Unternehmens nicht den Wünschen und Erwartungen bzw. Zielen entsprachen. Bei Unternehmen spielen jedoch nicht nur die Erwartungen des Aufsichtsrates eine Rolle bei der Bewertung von Ergebnissen sondern ebenso die Erwartungen weiterer Stakeholder. Hier sind in erster Linie die Unternehmensinhaber, die Aktionäre, zu nennen. Daneben sind die Interessen der Kunden und im weitesten Sinne der Gesellschaft zu berücksichtigen. Vor der Gesellschaft in Form der wahlberechtigten Bürger muss sich nach demokratischem Ideal eine Regierung und damit auch ein Minister verantworten. Eine Diskussion über die Stärken und Schwächen einer parlamentarischen Demokratie will ich an dieser Stelle nicht führen. Eine Instanz vor der sich jedoch alle Menschen für ihr Verhalten verantworten müssen ist das eigene Gewissen.  Religiöse Menschen mögen an dieser Stelle noch Gott hinzufügen.

Mögen Sie mit ihrem Verhalten immer vor ihrem eigenen Gewissen bestehen!

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