von Peter Wegner
Fachkräftemangel ist wohl im vergangenen Jahr das Schlagwort schlechthin. Jede Branche hat mit ihm zu kämpfen und in jeder Branche versucht man diesem Mangel anders zu begegnen. Eine Lösung ist sicherlich die Digitalisierung, die den Betrieben dabei hilft bestimmte Prozesse zu automatisieren. Der Einsatz von Robotern ist aber nicht überall gegeben oder sinnvoll, so dass bestimmte Prozesse weiterhin durch den Menschen wahrgenommen werden müssen.
Die Personalpolitik der Vergangenheit rächt sich
Scheinbar rächt sich jetzt eine Personalpolitik der vergangenen Jahre. Um den Arbeitsmarkt zu entlasten und Jobs für junge Menschen zu schaffen, hat die Politik zu Zeiten Gerhard Schröders das Instrument des „Vorruhestands“ kreiert, mit der Folge dass viele erfahrene Fachkräfte in diesen freiwillig oder unfreiwillig geschickt wurden. Die Auswirkungen in den Betrieben waren in der Entwicklung der Personalkosten zu sehen aber auch, und das wurde unterschätzt, in dem massiven Abfluss von Knowhow. Jedes Instrument hat seine Berechtigung und sollte ökonomisch regelmäßig auf den Prüfstand gestellt werden. Genau das wird allerdings zu selten gemacht, so auch in diesem Fall. Die aktuelle Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt war schon frühzeitig erkennbar, wurde aber wie so häufig in den einzelnen Branchen verschlafen. Die Leistungsfähigkeit eines Betriebes primär an der Entwicklung der Personalkosten zu messen ist kurzsichtig und hat möglicherweise die Folge, die Existenz des Unternehmens aufs Spiel zu setzen. Genau in dieser Situation befinden sich jetzt viele Betriebe, die an ihre Leistungsgrenzen geraten und ihren Mitarbeitern auch keine weitere Mehrarbeit zumuten können, denn die leisten sie schon in großem Stil.
Management 4.0 braucht agile Methode und Erfahrung
Eine Möglichkeit den Mangel zu begegnen ist sicherlich das Anwerben ausländischer Fachkräfte, den ich sehr begrüße. Eine weitere Möglichkeit ist die Reaktivierung der „Fachkräftereserve“ 45+, von der sich immer noch zu viele Unternehmen vorschnell getrennt haben. Möglicherweise ist diese Generation körperlich nicht mehr so belastbar, was ich nicht so sehe. Was für diese Generation spricht ist ihre Erfahrung und die ist mit Geld nicht zu bezahlen. Die Realisierung moderner „agiler Strategien“ wie Lean Thinking, Kanban, Scrum und Design Thinking machen Sinn, wenn ich mit diesen modernen Instrumenten das vorhandene Wissen und die Erfahrungen neu ordne, bewerte und bearbeite. Je mehr Wissen und Erfahrung im Unternehmen vorhanden ist, je mehr die Mitarbeiter dem Management trauen, desto größer wird die Bereitschaft sein, sich einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Die Generation 45+ spielt in dieser Entwicklung eine wichtige Rolle nicht nur mit Wissen und Erfahrung, sondern in der Vermittlung von Werten und Wertschätzung. Unternehmen haben da für mich eine traditionelle Aufgabe, nämlich den Menschen, die im Unternehmen arbeiten, wertschätzend zu begegnen. Fachkräfte haben nicht nur den Bachelor oder Master sondern auch den Gesellenbrief oder den Kaufmann. Die Unternehmen haben jetzt die Chance sich dieser Fachkräftereserve zu bedienen und kostenneutral zu qualifizieren, denn die Bundesagentur für Arbeit übernimmt bis zu 2 Jahren die Lohn- und Qualifizierungskosten, wenn der Mitarbeiter über diesen Zeitraum hinaus beschäftigt bleibt. Vielleicht ist es eine kreative Aufgabe für die Geschäftsführung oder man bezieht zur Lösungsfindung alle Mitarbeiter mit ein – ganz im Sinne der agilen Strategien.
Peter Wegner
lebt in Flensburg und ist seit 18 Jahren freiberuflich tätig als Berater und Trainer für Kommunikation. Seine Stärken sind eine sehr ausgeprägte emotionale Intelligenz Ruhe, Belastbarkeit, zielorientiertes, wirtschaftliches Denken und Handeln.
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Wenn Sie das Thema vertiefen wollen, empfehlen wir folgenden Workshop: Diversity-Management 50+
Hat dies auf Kybos-VertriebserfolgmitSystem rebloggt und kommentierte:
Gerade im Vertrieb werden erfahrene Fachkräfte gesucht. Die Re-Aktivierung ehemaliger Vertriebsprofis kann weiter helfen.
In meinem Umfeld hatte ich bereits einige „Frührentner“ darauf hin angesprochen. Die wenigsten wollten wieder zurück zu ihrem Arbeitgeber. Die Reserve kann ich nur dann anzapfen, wenn im Vorfeld das Unternehmen alles getan hat, dass sich der Mitarbeiter wohl fühlt und gerne zur Arbeit kommt. Ansonsten ist das wohl nicht möglich. Die Idee vielleicht bei einem anderen unternehmen wieder anzuheuern kam den gefragten Personen bisher nicht. Bestimmt sind Modelle wichtig, die die Flexibilität der mobilen Vorruheständler nicht enorm einschränkt ein erster Schritt zur Reaktivierung. Ich empfinde es als einen wichtigen Baustein für Unternehmen – aber – durchdacht muss es sein.
Ich selbst bin froh, mit Anfang 50 bei Kybos im Vertrieb einen Wiedereinstieg gefunden zu haben. Seit über 4 Jahren darf ich hier wieder meine Fähigkeiten zum Wirken bringen und immer wieder Neues dazu lernen, was mir viel Freude bereitet.
Das Thema Digitalisierung ist in aller Munde. Ich glaube all. nicht, dass es den Technischer Vertrieb maßgeblich verändern wird. Ein erklätungsbedürftiges Produkt, Anlage oder Dienstleistung lässt sich nicht mit multimedialen Tools vermarkten. Man sollte sich als Unternehmen erstmal die Frage stellen, ob ein Techniker Ingenieur oder Meister der richtige Mann/Frau für den Vertrieb ist. Wer „Technikverliebt“ ist achtet auf andere Faktoren beim Verkauf.
Hier steckt das Problem!
Hallo Herr Adel,
vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich bin ganz bei Ihnen. Erklärungsbedürftige Produkte lassen sich nicht multimedial via Online-Kanal vertreiben. Intensive teilweise mehrfache Gespräche mit diversen Zielpersonen, die es zu überzeugen gilt, sind zu führen. Alleine um zu verstehen, welches Problem der Kunde lösen will, bedarf es einen Dialog. Gleichzeitig geht es im Vertrieb immer um Vertaruensaufbau und diesen kann kein Chatroboter leisten.
Hierzu braucht es Menschen, die eben nicht „technik-2 sondern „kundenverliebt“ sind.
Viele Grüße
Daniel Hetzer
Aktuelle Studien belegen, dass die Generation 45+ noch lange nicht zum alten Eisen gehört. In einer Langzeitstudie hat ein Forscherteam der Universität Washington untersucht, wie sich die geistige Fitness von Menschen entwickelt. Ergebnis: Ältere Menschen reagieren zwar etwas langsamer, dafür aber sind sie kreativer im Suchen nach Lösungen.
Die geistige Leistungsfähigkeit findet demnach ihren Höhepunkt in einem Alter zwischen 55 und 60 Jahren. Selbst in der Produktion stieg die Produktivität bis zu einem Alter von 65 Jahren leicht an.
Ältere Mitarbeiter machen zwar häufiger Fehler, allerdings kaum solche, die hohe Kosten verursachen. So das Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik in München.
Laut EY übertrumpfen die über 61-jährigen bei der Motivation die unter 40-jährigen. Bei den älteren gehen 40% hochmotiviert zur Arbeit, während der Wert bei den jüngeren Mitarbeitern zwischen 26 und 32% liegt.
Das gefühlte Alter von Menschen hängt stark davon ab, wie gefordert und geschätzt man sich fühlt. Wer Wertschätzung und angemessene Herausforderungen am Arbeitsplatz erlebt, fühlt sich durchschnittlich 5 Jahre jünger. Fühlt sich die Belegschaft im Schnitt 7 Jahre jünger, vermag sie 10% mehr zu leisten.